Artikel - Wirtschaft

Einzelhandel Der Motor der deutschen Wirtschaft

Einleitung

Der Einzelhandel ist mit einem Jahresumsatz von über 664 Milliarden Euro eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft und mit über 6,4 Millionen Beschäftigten ein wichtiger Impulsgeber für Innovationen und wirtschaftliche Entwicklung. Von kleinen Fachgeschäften über großflächige Handelsketten bis hin zu Online-Marktplätzen werden Verbraucherinnen und Verbraucher mit Waren des täglichen Bedarfs, Kleidung, Technik und vielen weiteren Produkten versorgt.

Gründerinnen und Gründer, etablierte Unternehmen und politische Akteure arbeiten gemeinsam daran, den Einzelhandel langfristig als starken und dynamischen Wirtschaftszweig zu gestalten.

Aktionsplan E-Commerce

E-Commerce im Fokus: Wettbewerbsfähigkeit, Fairness und Sicherheit stärken

Der Onlinehandel wächst rasant – doch mit der Dynamik kommen auch Herausforderungen: Anbieter aus Drittstaaten unterlaufen EU-Regeln, zum Beispiel in Bezug auf Produktsicherheit oder Transparenzvorschriften, und setzen damit den fairen Wettbewerb außer Kraft.  Das schadet rechtstreuen Anbietern aus Deutschland und der EU und benachteiligt sie im internationalen Wettbewerb. Hier setzt der Aktionsplan E-commerce der Bundesregierung an. Im Sinne eines fairen, sicheren und nachhaltigen Onlinehandels gilt es, bestehende Regeln konsequent durchzusetzen und bei Bedarf anzupassen:

Drei zentrale Maßnahmen für einen starken Onlinehandel

  1. Stärkung der Marktüberwachung und des Zolls:
    Durch verstärkte Kontrollen und eine engere Zusammenarbeit zwischen Marktüberwachungsbehörden und Zoll sollen Produkte aus Drittstaaten, die über Onlineplattformen in die EU gelangen, besser überprüft werden.
  2. Verantwortung der Plattformen stärken:
    Online-Marktplätze müssen sicherstellen, dass Händler transparente Angaben machen und angebotene Produkte geltenden Vorschriften entsprechen.
  3. Transparenz und Digitalisierung fördern
    Der Aktionsplan zielt darauf ab, Marktüberwachungs- und Zollbehörden die Kontrolle zu erleichtern und Verbraucherinnen und Verbraucher zu nachhaltigen, informierten Kaufentscheidungen zu motivieren.

Mit diesen Maßnahmen schafft der Aktionsplan verlässliche Rahmenbedingungen für Unternehmen und schützt die Interessen von Konsumentinnen und Konsumenten. Viele der vorgeschlagenen Regelungen haben bereits Einfluss auf die Weiterentwicklung gemeinsamer Standards in der EU, wodurch eine einheitliche und effektive Marktüberwachung gefördert wird. Dies stärkt die Arbeit der Kontrollbehörden, sorgt für fairen Wettbewerb aller Unternehmen, die im EU-Binnenmarkt tätig sein wollen und gewährleistet einen kohärenten Verbraucherschutz in allen EU-Mitgliedstaaten – ein wichtiger Schritt für die Zukunft des digitalen Handels.

Aktionsplan E-Commerce

© Sergey Nivens – stock.adobe.com

Fünf Zahlen zum Wandel im Einzelhandel

6,4
Symbolicon für Lastenwagen

Millionen Beschäftigte
sind im Einzelhandel tätig

12,2
Symbolicon für Haus mit Tür

Prozent des Umsatzes
im Einzelhandel wurde mittels E-Commerce erwirtschaftet

32
Symbolicon für Geldscheine

Prozent der privaten Konsumausgaben
fließen in Deutschland in den Einzelhandel

36
Symbolicon für Wachstumskurve

Prozent der Ausgaben
im Fashionbereich wurden im 1. Halbjahr 2020 online getätigt, 2019 waren es noch 26 Prozent

60
Symbolicon für Tortendiagramm

Prozent aller Innenstadtbesucher
suchen nach Artikeln im Fashionbereich

Digitalisierung

Von KI bis Social Media: Digitalisierung im Handel

Die Digitalisierung, insbesondere Künstliche Intelligenz (KI), eröffnet dem Handel neue Möglichkeiten: Effizientere Logistik, optimierte Kundenansprache und Einkaufserlebnisse sowie hybride Vertriebswege steigern die Wettbewerbsfähigkeit. Zudem nutzen Unternehmen Social Media, um auf veränderte Konsumgewohnheiten zu reagieren.

Gleichzeitig bringt der digitale Wandel Herausforderungen mit sich. Neue Technologien erfordern Anpassungen in Betriebsabläufen, Investitionen in digitale Infrastruktur und eine strategische Integration digitaler Prozesse. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen stehen vor der Aufgabe, mit der rasanten Entwicklung Schritt zu halten.

Hierfür fördert das  Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) das Mittelstand-Digital Zentrum Handel, das Unternehmen, die bisher keine eigene „Digital-Abteilung“ unterhalten können, in die Lage versetzen soll, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und den stationären Verkauf durch digitale Angebote zu ergänzen oder durch digitale Backoffice-Anwendungen zu unterstützen. Das Mittelstand-Digital Zentrum Handel bietet eine große Bandbreite an Informationen und Informationskanälen, Workshops und Webinare. Zusätzlich geht das Kompetenzzentrum mit dem DigitalMobil Handel (DiMo) auf Tour, um Händlerinnen und Händler vor Ort praktische digitale Lösungen näherzubringen. Ziel ist es, ganz praktisch zu zeigen, wie die Digitalisierung im Handel genutzt werden kann.

Digitalisierung

© Nay – stock.adobe.com

Best-Practice-Beispiel: On- und Offlinehandel integrieren

Ein großer Onlineversandhandel bietet stationären Einzelhändlerinnen- und -händlern die Möglichkeit, sich mit der Online-Plattform zu verbinden. So haben die teilnehmenden Händlerinnen und Händler die Möglichkeit, ihre Produkte direkt an die Kundschaft des großen Anbieters online zu verkaufen. Die lokale Sichtbarkeit der stationären Händler wird zusätzlich unterstützt. Damit jede Händlerin und jeder Händler mit relevantem Sortiment teilnehmen kann, ist die Anbindung unkompliziert und kostengünstig gestaltet. Für sie ergibt sich über einen indirekten Effekt ein noch größeres Potenzial: Weil die Online-Umsätze den Lagerumschlag signifikant erhöhen, kann das Sortiment während der Saison mehrmals erneuert werden. Das Ergebnis: Frischere Sortimente - und damit ein Grund für die Kundschaft, häufiger vorbeizuschauen.

Best-Practice-Beispiel: Implementieren eines Chatbots

Um die steigende Anzahl an Anfragen effizient zu bewältigen, entschied sich ein Erlebnisbauernhof in Hürth für die Implementierung eines Chatbots. Dieser wurde in die bestehende Webseite integriert und ermöglicht es Besucherinnen und Besuchern, schnell und eigenständig Antworten auf häufig gestellte Fragen zu finden – etwa zu Öffnungszeiten, Preisen oder Veranstaltungen. Bei neuen Inhalten aktualisiert sich der Chatbot automatisch, wodurch er stets auf dem neusten Stand bleibt, ohne zusätzlichen Arbeitsaufwand für das Team. Die Einführung des Chatbots reduzierte die Anzahl eingehender Anfragen erheblich und entlastete die Mitarbeitenden spürbar. Statt sich mit wiederkehrenden Fragen zu befassen, kann sich das Team jetzt stärker auf andere Aufgaben konzentrieren.

Best-Practice-Beispiel: Sichtbarkeit durch Suchmaschinen

Ein kostenloses Unternehmensprofil bei einem großen Suchmaschinenanbieter bietet Einzelhändlerinnen und -händlern die Möglichkeit, ihre Geschäfte online sichtbar zu machen und ihren Kundinnen und Kunden die Informationen zur Verfügung zu stellen, die für einen Einkauf in der Innenstadt wichtig sind. So können Geschäfte ihre Produkte direkt im Unternehmensprofil präsentieren, damit Kundinnen und Kunden diese online entdecken, Verfügbarkeiten prüfen und im Anschluss vor Ort erwerben können. Darüber können auch alle wichtigen Informationen mit der Kundschaft geteilt werden, wie Öffnungszeiten, aktuelle Angebote, Sonderaktionen oder Eindrücke vom Laden.

Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil im Handel

Digitalisierung

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Nachhaltigkeit wird im Handel zunehmend zum Wettbewerbsvorteil: Ressourcenschonende Lieferketten, neue Verpackungslösungen und nachhaltige Produktkonzepte sind ebenso fester Bestandteil der Zukunft des Handels wie die steigende Nachfrage nach fair produzierten Waren.

Im Einzelhandel gibt es zahlreiche Möglichkeiten, zum Klimaschutz beizutragen – sowohl im stationären als auch im Online-Handel. Stationäre Händlerinnen und Händler können etwa durch die Optimierung ihrer Energieverbrauchsspitzen erste Schritte einleiten, um nicht nur die Umwelt zu entlasten, sondern auch eigene Kosten zu senken.

Im Online-Handel gewinnt das Thema Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung, da immer mehr Kundinnen und Kunden auf umweltfreundliche Lösungen achten. Hier bieten sich Maßnahmen wie klimafreundlicher Versand und nachhaltige Verpackungslösungen an, um den CO2-Fußabruck zu reduzieren. Zusätzlich können digitale Anwendungen in Bereichen wie Logistik und Energiemanagement zu effizienteren und nachhaltigeren Lösungen beitragen. Unterstützung bei der nachhaltigen Unternehmensgestaltung finden Sie auch bei dem Mittelstand-Digital Zentrum Handel.

Best-Practice-Beispiel: Nachhaltiger Rundgang im Kiez – für fairen Handel

In Berlin wurde ein innovativer Rundgang ins Leben gerufen, um den fairen Handel sichtbarer zu machen und lokale Geschäfte zu stärken. Konsumentinnen und Konsumenten können bei einem zeitlich befristeten „Fair-Lauf“ mehrere Läden besuchen, die nachhaltige Produkte wie Lebensmittel, Kleidung und Schmuck anbieten. Für jeden Besuch gibt es einen Sticker, und nach vier gesammelten Stickern wartet eine kleine Belohnung. Die Teilnehmenden haben nicht nur die Möglichkeit, faire Produkte zu kaufen, sondern auch direkt mit den Händlerinnen und Händlern zu sprechen und mehr über Produktionsbedingungen und den Fairen Handel zu erfahren. Dieses spielerische Konzept schafft Anreize, nachhaltig einzukaufen und die Vielfalt an fairen Angeboten im Kiez zu entdecken. Der Rundgang hat die Sichtbarkeit der Geschäfte erhöht, den lokalen Handel gestärkt und das Bewusstsein für fairen Konsum gefördert. Das flexible und übertragbare Modell lässt sich leicht auf andere Stadtteile anwenden und verbindet Nachhaltigkeit mit einem interaktiven Einkaufserlebnis.

Best-Practice-Beispiel: Energiemanagement im Lebensmitteleinzelhandel

Ein Lebensmittelhändler in NRW führte ein Energiemanagementsystem ein, um den Energieverbrauch seiner Kühlgeräte effizienter zu überwachen und zu reduzieren. Durch die Installation von Sensoren an 15 Kühl- und Gefriergeräten werden Temperatur und Stromverbrauch in Echtzeit erfasst. Dies ermöglicht eine schnelle Reaktion bei Abweichungen und verhindert so Schäden an Lebensmitteln. Zudem ersetzt das System manuelle tägliche Kontrollen und erstellt automatisch Berichte, was eine erhebliche Zeitersparnis bringt.

Das Managementsystem erleichtert außerdem den Vergleich der Effizienz der Geräte, wodurch gezielte Energiesparmaßnahmen abgeleitet werden konnten. Neben der Kostensenkung trägt das System auch zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung bei und verbessert die Nachhaltigkeitsbilanz des Unternehmens. Dieses Praxisbeispiel zeigt, wie digitale Lösungen im Einzelhandel helfen können, Ressourcen zu schonen und Betriebskosten zu senken.

Neue Geschäftskonzepte – Miteinander sprechen & Geschichten erzählen

Neue Geschäftsmodelle für den Handel von morgen

Neue Geschäftsmodelle für den Handel von morgen

© iStock.com/gilaxia

Im aktuellen Digitalisierungszeitalter stehen Gewerbetreibende neuen Herausforderungen gegenüber. Längst sind alte Geschäftsmodelle überholt, für den klassische Einzelhandel ist es nicht mehr ausreichend, schlichtweg nur eine Versorgerrolle einzunehmen. Es müssen neue Geschäftsmodelle entwickelt werden, um im gegenwärtigen Angebotsüberfluss Kundinnen und Kunden zu gewinnen. Für den Einzelhandel ist nun von großer Wichtigkeit, selbst aktiv zu werden.  Er muss aus der veralteten Versorgerrolle ausbrechen, neue Lücken finden und sich neu erfinden. Eine Möglichkeit hierfür ist das Konzept des Storytellings. Hauptsächlich werden Kaufentscheidungen durch Emotionen beeinflusst. Der Verkaufsgegenstand erzählt eine Geschichte und löst somit ein Gefühl aus, das wiederum einen Kaufimpuls bewirkt (Emotional Targeting). Als Händlerin und Händler kann man diesen Mechanismus bewusst aufgreifen und ausbauen, zum Beispiel durch Methoden des Community Buildings1, Social Proof2, Reason Why3 oder der Affektheuristik4.

Eine neue Herangehensweise ist es auch, Mitanbietende nicht als Konkurrenz, sondern als Kolleginnen und Kollegen zu sehen. Partnerschaften und Kooperationen können zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit führen, da Fähigkeiten ergänzt und Ressourcen geteilt werden können. So können beispielsweise gemeinsame Veranstaltungen in einer Straße oder einem Stadtviertel die stationären Geschäfte attraktiver und das Viertel lebendiger machen. Wichtig ist es, die Aufenthaltsqualität zu steigern und den Menschen Möglichkeiten zu bieten, an einem Ort zu verweilen und sich wohlzufühlen.

Zudem ergeben sich auch innovative Geschäftskonzepte aus der Implementierung von künstlicher Intelligenz. Zum Beispiel können KI-Simulationen in Optimierungsprozessen eingesetzt werden oder in Form von Chatbots passgenau und ohne Zeitlimitierung auf Kundenanfragen reagieren (weitere Informationen siehe Digitalisierung).

Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft

Das Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft ist die zentrale Anlaufstelle für innovative Zukunftsgestaltung im Kreativbereich. Es informiert über neuartige unternehmerische Methoden, zeigt aktuelle Branchenentwicklungen auf und leitet lösungsorientiertes Handeln für aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen ab. Das Angebot richtet sich mit einem besonderen Augenmerk an Klein- und Kleinstunternehmerinnen und -unternehmer und deckt ein Spektrum ab, das von Entwicklung und Innovation zu Vernetzung bis hin zur Trendanalyse geht. Es ruft Creative Labs in Leben, veranstaltet Bundeskongresse und internationale Fachkonferenzen oder richtet Innovation Camps aus. Das Kompetenzzentrum bietet die Möglichkeit, mithilfe des vielfältigen Angebots neue Geschäftskonzepte kennenzulernen.

Best-Practice-Beispiel: Live-Stream-Shopping

Eine Händlerin mit drei Concept-Stores in Kleinstädten hat mit Hilfe des Mittelstand-Digital Zentrum Handel ein digitales Konzept entwickelt, um nicht nur lokal präsent zu sein. Dafür wurde ein Live-Stream-Shopping ausgearbeitet, welches als direkter Absatzkanal genutzt werden kann. Das Ladenlokal wurde in ein Studio umgewandelt, um von dort aus die Ware auf sozialen Netzwerken zu präsentieren. So hat die Händlerin die Möglichkeit, ihre Produkte online zu vermarkten und gleichzeitig mit der Kundschaft zu interagieren. Kundinnen und Kunden können die zur Schau gestellten Produkte dann sowohl stationär als auch im Online-Shop kaufen.

Best-Practice-Beispiel: Shoppingmall plus Hotel in Berlin-City West

Mit der Umwandlung eines in die Jahre gekommenen Büroarchitektur-Komplexes in eine innovative Concept-Shoppingmall wurde in der Berliner  City West erfolgreich eine ganzheitliche Destination entwickelt, die stellvertretend für die Transformation der Innenstadt mit spannenden „Mixed Use“-Formaten steht. Mehr denn je sind es die besonderen Erlebnisse, die Menschen inspirieren und für Produkte begeistern können. Dabei folgen die Macher der Concept- Shoppingmall der Idee des kuratierten Einkaufens. Boutiquen und Gastronomie-Angebote sind aufeinander abgestimmt, ergänzt durch modulare Pop-Up-Boxes, die temporär angemietet werden können, um neue Produkte zu launchen. Mit diesem Ansatz und dem Setzen von Schwerpunktthemen (Food, Fashion, Music), die über alle zur Verfügung stehenden Kanäle (also Blogs, Facebook, Twitter und Instagram) gespielt werden, ist es gelungen, den Bekanntheitsgrad, die Besucherinnen- und Buesucherfrequenz und nicht zuletzt die Umsätze der Mieterinnen und Mieter zu erhöhen.

Lebendige Innenstädte, innovativ handeln

Neue Konzepte für attraktive Stadtzentren

Lebendige Innenstädte, innovativ handeln

© iStock.com/Highwaystarz-Photography

Innenstädte stehen vor wachsenden Herausforderungen. Leerstand trägt zu einer Abwärtsspirale der Verödung bei. Um diesen Trend zu stoppen und die Innenstädte zu beleben, gilt es, Besucherinnen und Besucher durch attraktive Angebote und innovative Ideen anzuziehen.

Hierfür sind neue Geschäftskonzepte zu entwickeln, um dem Wandel vom Einzelhandel als purem Versorger hin zu einem Erlebnis- und Freizeitangebot Rechnung zu tragen. Es ist wichtig, ein attraktives Umfeld zu schaffen, das zum Verweilen in Innenstädten einlädt. Es gilt, Innenstädte in Erlebnisräume umzuwandeln, in denen sich Bürgerinnen und Bürger gerne aufhalten. Hierfür sind Entsiegelung und Begrünung – auch mit schattenspendenden Bäumen - Möglichkeiten, die das Wohlfühlen sowie Interaktivität und Lebendigkeit fördern. Workshops, Feste, Mitmachaktionen oder Ausstellungen sind nur einige Beispiele.

Mit lebendigen Innenstädten sollen alle Menschen angesprochen werden, für ein Inklusives Miteinander. Deshalb ist ein besonderes Augenmerk auf Barrierefreiheit zu legen.

Für Ansätze zur Belebung von Innenstädten ist der bundesweite Best-Practice-Datenpool „Stadtimpulse“ mit zertifizierten Projekten der Stadtentwicklung gestartet. Die Datenbank soll Städten, Kommunen und allen Akteuren der Innenstadtentwicklung gelungene Praxisbeispiele und hilfreiche Inspirationen liefern, um den Innenstädten nach der Corona-Krise zum neuen Glanz zu verhelfen. Der Datenpool ist zu finden unter www.unsere-stadtimpulse.de, und wurde unter Mitwirkung des Handelsverbands Deutschland (HDE), des Deutschen Städtetags (DST), des Deutsche Städte- und Gemeindebunds (DStGB) sowie der Bundesvereinigung für City und Stadtmarketing Deutschland (bcsd) und der CIMA Beratung + Management GmbH entwickelt.

Zusätzlich ist im Rahmen einer Workshopreihe im Bundeswirtschaftsministerium die Idee für die webbasierte Softwarelösung „Leerstand und Ansiedlung“ (LeAn) entstanden. Diese digitale Plattform hilft Kommunen, Innenstädte durch digitales Leerstands- und Ansiedlungsmanagement – unter Beteiligung aller Nutzerinnen- und Nutzergruppen - zu gestalten und neue Gewerbetreibende zu interessieren. Die Matching-Plattform liefert Informationen über die aktuelle Nutzung von Immobilien und verbindet Angebot und Nachfrage, wodurch drohende Leerstände vermieden werden. Die lizenzfreie OpenSource-Software steht allen Kommunen hier zur Verfügung.

Zusätzlich arbeitet das Bundeswirtschaftsministerium  eng mit weiteren Ministerien zusammen, darunter das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB). Gemeinsam mit dem Beirat Innenstadt hat das BMWSB im Jahr 2021 die Innenstadtstrategie entwickelt –die Kommunen als Leitlinie und Orientierungshilfe dient. Die Innenstadtstrategie wird regelmäßig fortgeschrieben.

Best-Practice-Beispiel: Pop-Up-Stores als Tor zur Welt

Um zukünftig noch breiter und präsenter in Innenstädten aufgestellt zu sein, hat ein Münchner Touristik-Unternehmen leere Ladenflächen in bester Lage mit Pop-Up-Reisebüros zum Tor in die Welt verwandelt. Es ermöglicht so seinen Franchise-Partnerinnen und -partnern, die Chancen im lokalen Markt verstärkt zu nutzen und Marktanteile auszubauen. In den Stores, designt im urban Coffeeshop-Stil, haben Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, ihrer Lust auf Reisen und der Sehnsucht nach Sonne, Strand und Meer nachzugeben und sich in den Urlaub zu träumen. Das Konzept ist flexibel, kostengünstig und nachhaltig. Daher besteht die Ausstattung, die in einem Zeitraum zwischen 3-6 Monaten gemietet werden kann, aus stabiler Pappe, mit integrierten Screens, um die Aufmerksamkeit der Laufkunden durch bewegte Bilder zu verstärken.

Best-Practice-Beispiel: Schöpferisches Künstlerpotenzial nutzen

Eine Gruppe von professionellen Theater- und Kulturschaffenden sucht brachliegende Flächen und verbindet künstlerische Arbeit und Bürgerengagement, um wieder Leben in die Innenstädte zu bringen. Mit Hilfe von Theater, Tanz und anderer künstlerischer Performance sollen Kunst und Kultur im öffentlichen Raum durch interaktives Zusammensein wiederbelebt werden. Dabei steht der Bezug zur Lebenswirklichkeit und die Konzentration auf die positiven Dinge des Lebens entscheidend im Vordergrund. Dadurch wird die Innenstadt durch innovative Konzepte künstlerisch aufgewertet. Die Initiative ist eine Anlaufstelle für alle Kulturbegeisterte, und Schauspielerinnen und Schauspieler, die ihre Talente und ihr Können durch Präsenzauftritte oder digital anbieten, um Menschen, insbesondere in der Corona-Pandemie, wieder zusammenzubringen.

Best-Practice-Beispiel: Click & Collect

Mönchengladbach verknüpft verschiedene Vertriebskanäle („Multi-Channel“), um die Innenstädte neu zu beleben: Durch einen Click & Collect-Service sollen Onlinehandel und stationäres Einkaufen miteinander verzahnt werden. So kann online bestellte Kleidung an einem zentralen Ort in der Innenstadt anprobiert, mitgenommen oder direkt zurückgeschickt werden. Dieser Ort kann bei der Online-Bestellung direkt als Lieferadresse analog zu Paketstationen ausgewählt werden. Das Einkaufserlebnis steht dabei im Fokus. Gleichzeitig soll die Kundenfrequenz in Mönchengladbachs Innenstadt erhöht und der stationäre Handel durch ergänzende lokale Käufe gestärkt werden. Ein weiteres Plus: Paketfahrten in die Wohngebiete reduzieren sich.

Best-Practice-Beispiel: Erlebnisraum Innenstadt

Hamburg inszeniert die Innenstadt als zentralen Ort des Treffens und des Erlebens und setzt dabei auf Tradition. So dient der Jungfernstieg mit der Binnenalster in der Vorweihnachtszeit seit bereits 35 Jahren als Kulisse für die „Hamburger Märchenschiffe“. Auf den Schiffen bietet das City Management verschiedene Aktionen und Attraktionen an, insbesondere für Kinder. Damit unterstreicht die Stadt den Erlebnis- und Freizeitcharakter der Innenstadt.

Gründen

Gründung fördern, Innenstädte beleben

Die Belebung von Innenstädten hängt maßgeblich davon ab, ob neue Geschäfte gegründet werden. Das Bundeswirtschaftsministerium  unterstützt angehende Gründerinnen und Gründer auf ihrem Weg zur Selbstständigkeit über das Existenzgruendungsportal.

Dieses Portal bietet umfassende Informationen und wertvolle Tipps, die bei der Erstellung eines Businessplans helfen, bei der Beantragung von Fördermitteln unterstützen und mit deren Hilfe die passende Gründungsberatung gefunden werden kann. Zusätzlich werden dort wichtige Hintergründe zu Versicherungen, Finanzierungsmöglichkeiten und rechtlichen Anforderungen thematisiert. Damit erhalten Gründerinnen und Gründer eine verlässliche Grundlage, um ihre Geschäftsidee erfolgreich in der Realität umzusetzen und einen Beitrag zur Belebung unserer Innenstädte zu leisten. Das Gründungsportal steht allen Interessentinnen und Interessenten hier zur Verfügung.

Im Spotlight:

Interview mit Flohkids

Flohkids ist ein lokaler Dauerflohmarkt für Kinderartikel, in dem Eltern gebrauchte Sachen einfach und bequem verkaufen können. Es können Regale gemietet und außerdem Artikel online eingetragen werden. Flohkids übernimmt dann das Marketing und den Verkauf.

Flohkids

© mojo_cp – stock.adobe.com

Wie seid ihr auf die Idee zu dem Geschäftsmodell von Flohkids gekommen?

Die allermeisten Eltern kennen das: Viele gut erhaltene Kinderartikel bleiben ungenutzt und nehmen Platz weg. Gleichzeitig ist es für uns Eltern oft zu mühsam und zeitaufwendig, diese zu verkaufen. In Skandinavien habe ich etwas Ähnliches wie Flohkids gesehen. Eine stressfreie Möglichkeit zum Kauf und Verkauf von nicht mehr benötigten Kinderartikeln fand ich gut und nachhaltig und wollte so etwas auch in Deutschland einführen.

Wie reagiert Flohkids auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung?

Wir haben papierlose Prozessabwicklung, digitale Preisetiketten und verzichten auf Warenversand. Wir pflegen enge und persönliche Kundenkontakte und beleben mit unseren Läden die Innenstädte.

Welchen Rat würdet ihr Gründerinnen und Gründern geben?

Reaktiviert eure direkte Umgebung und verwendet lokale Ressourcen. Bezieht die Verwaltung, die IHK oder andere Institutionen mit ein. Diese können bei bürokratischen Hürden helfen. Bekämpft den Leerstand, indem ihr die Flächen mit neuen Konzepten wiederbelebt. Sucht nach Franchise-Konzepten, die erfolgreich laufen und schnell zu starten sind.

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[1] Community Buildings (deutsch: „Gemeinschaftsgebäude“) sind Einrichtungen oder Gebäude, die speziell für die Bedürfnisse und Aktivitäten einer Gemeinschaft oder einer Gruppe von Menschen geschaffen wurden. Sie dienen als Treffpunkte und Veranstaltungsorte, an denen Menschen zusammenkommen, um soziale, kulturelle, sportliche oder gemeinschaftliche Aktivitäten durchzuführen.

[2] Der Effekt des Social Proof ist besonders in sozialen Medien und im Marketing von Bedeutung, da Konsumenten oft Entscheidungen auf der Grundlage von Bewertungen, Rezensionen oder dem Verhalten ihrer sozialen Kreise treffen. Ein Beispiel Beispiele für Social Proof sind Online-Bewertungen: Wenn viele Menschen ein Produkt positiv bewerten, ist man eher geneigt, es auch zu kaufen.

[3] Die "Reason Why" ist der logische Grund oder die Rechtfertigung, die einem Konsumenten gegeben wird, um einen Kauf zu motivieren.

[4] Affektheuristik beschreibt, wie Gefühle Entscheidungen beeinflussen, oft ohne eine vollständige und rationale Abwägung aller Fakten. Zum Beispiel: Ein Produkt wird möglicherweise als attraktiver angesehen, wenn es mit positiven Emotionen wie Freude oder Zufriedenheit verbunden ist, auch wenn es teurer oder qualitativ nicht besser ist als andere Alternativen.

Frau dekoriert Schaufenster einer Modeboutique, symbolisiert Dialogplattform Einzelhandel; Quelle: Getty Images/Hero Images

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