Temporäre Wachstumsbelebung – anhaltende Ungewissheiten
Im ersten Quartal 2025 wuchs die deutsche Wirtschaft laut detaillierter Meldung zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Statistischen Bundesamtes etwas stärker als ursprünglich in der Schnellmeldung von Ende April gemeldet. Demnach legte das BIP preis-, kalender- und saisonbereinigt um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal zu. Damit wurde der Rückgang im Vorquartal mehr als ausgeglichen. Wachstumsimpulse gingen zum einen vom Außenhandel aus, auch weil US-Unternehmen mit Blick auf die angekündigten Zollanhebungen Bestellungen vorzogen und damit auch deutsche Ausfuhren in die USA spürbar erhöhten. Zum anderen belebte sich zu Jahresbeginn auch die Investitionstätigkeit, wobei neben – zum Teil witterungsbedingt – steigenden öffentlichen und privaten Bauinvestitionen erneut eine kräftige Expansion der öffentlichen Ausrüstungsinvestitionen infolge der Beschaffung von Verteidigungsgütern beitrug. Eine spürbare Belebung zeigte sich auch beim privaten Konsum, der seine Erholung seit Jahresmitte 2024 verstärkt fortsetzte.
Neben einem vom Statistischen Bundesamt gemeldeten, deutlichen Rückgang der Sparquote spiegelt sich darin ein fortgesetzter, wenn auch infolge des Wegfalls der Inflationsausgleichsprämien in der Dynamik etwas abgeschwächter Anstieg der Nominal- und Reallöhne im ersten Quartal. Wie schon in den Vorquartalen war der Nominallohnanstieg bei den unteren Einkommensbeziehern mit einem durchschnittlichen Zuwachs von 7,2 Prozent im Vorjahresvergleich deutlich stärker als der Nominallohnanstieg in der Gesamtwirtschaft von 3,6 Prozent.
Angesichts der nach wie vor hohen Verunsicherung über die weitere US-Zollpolitik zeigen aktuelle Stimmungsindikatoren für die konjunkturelle Entwicklung weiter ein uneinheitliches Bild: Während der ifo-Geschäftsklimaindex sich im Mai insbesondere auch im Verarbeitenden Gewerbe spürbar erholte und die ZEW-Konjunkturerwartungen deutlich gestiegen sind, fiel der S&P-Einkaufsmanagerindex PMI Composite für Deutschland unter der 50-Punkte-Schwelle und deutet auf eine Abschwächung der wirtschaftlichen Entwicklung hin. Die Verbraucherstimmung – gemessen am GfK-Konsumklima und HDE-Konsumbarometer – zeigt für den Juni eine weitere Aufhellung, ausgehend von einem niedrigen Niveau und auch das ifo Geschäftsklima im Einzelhandel verbesserte sich im Mai spürbar. Dies, zusammen mit weiter steigenden Reallöhnen, spricht für eine anhaltende Erholung des privaten Verbrauchs im laufenden Quartal.
Die stärker außenwirtschaftlich orientierten Wirtschaftsbereiche bleiben allerdings unter dem Eindruck einer drohenden Zolleskalation, der sich auch im Zuge der auslaufenden Vorzieheffekte in einer zuletzt geringeren Auslandsnachfrage aus dem Nicht-Euroraum, einem Rückgang der Warenexporte und einer Abschwächung der Industrieproduktion im April sowie starken Schwankungen bei den ifo-Exporterwartungen bemerkbar macht. Zwar könnte es kurzfristig nochmals zu Vorzieheffekten kommen, doch mittelfristig drohen Rückpralleffekte. Trotz einem hoffnungsvollen wirtschaftlichen Einstieg im ersten Quartal bleibt der konjunkturelle Ausblick angesichts der Unwägbarkeiten der handelspolitischen Ankündigungen und Entscheidungen der US-Administration verhalten und eine erneute Abschwächung der deutschen Wirtschaft – unter anhaltenden Schwankungen – ist im weiteren Jahresverlauf nicht auszuschließen.
Weltwirtschaft: Deutlicher Gegenwind von Zöllen und Unsicherheit
Die weltweite Industrieproduktion ist im März saisonbereinigt um 0,5 Prozent gegenüber dem Vormonat weiter gestiegen und lag damit zum Ende des ersten Quartals mit +3,7 Prozent deutlich über dem Vorjahreswert - wohl auch infolge von Vorzieheffekten im US-Geschäft. Einige Frühindikatoren für den weiteren Verlauf der globalen Industriekonjunktur haben sich seitdem aber wieder eingetrübt: Der Einkaufsmanagerindex von S&P Global für die Weltwirtschaft hat sich in der Industrie im Mai weiter von der Wachstumsschwelle entfernt und signalisiert mit 49,6 Punkten, nach 49,8 Punkten im April, weiterhin eine rückläufige Entwicklung der weltweiten Industrieproduktion. Dagegen hat sich die Stimmung im Dienstleistungsbereich nach dem Rücksetzer im Vormonat zuletzt wieder aufgehellt und deutet mit einem Anstieg des Index von 50,9 auf 52,0 Punkte auf ein etwas höheres Expansionstempo als im Vormonat hin. Der Gesamtindex ist mit +0,4 Punkten damit ebenfalls wieder gestiegen und zeigt mit aktuell 51,2 Punkten ein moderates Wachstum der Weltwirtschaft an. Auch der finanzmarktbasierte Sentix-Index hat im Juni wieder ins Plus gedreht und signalisiert mit 3,6 Punkten nun wieder eine positive, wenn auch verhaltene globale Dynamik.
Der Welthandel mit Gütern ist im März saisonbereinigt mit +2,2 Prozent gegenüber Februar kräftig gestiegen und lag damit um 6,5 Prozent über dem Vorjahresmonat. Importseitig verzeichneten die Vereinigten Staaten einen deutlichen Anstieg der Handelsaktivität von 5,6 Prozent. Aufbauend auf den vorangegangenen Zuwächsen der US-Importe seit Beginn dieses Jahres lag der Wert damit um knapp ein Drittel über dem Niveau von März 2024. Exportseitig trug auch China mit einem deutlichen Anstieg von 7,6 Prozent zur Expansion des Welthandelsvolumens im März bei. Die Daten deuten also darauf hin, dass der Güterhandel seit Jahresbeginn durch vorgezogene Bestellungen und Lageraufbau seitens der US-Unternehmen gestützt wurde. Insgesamt lag er im ersten Quartal um spürbare 2,0 Prozent gegenüber dem Vorquartal im Plus, nach 0,6 Prozent im Schlussquartal 2024. Zu Beginn des zweiten Quartals blieben die Auswirkungen der US-Zollpolitik auf den internationalen Containerumschlag insgesamt wohl noch begrenzt. Der RWI/ISL-Containerumschlag-Index ist im April saisonbereinigt von 136,2 auf 137,3 Punkte gestiegen und hat damit seinen Rückgang im März nahezu wettgemacht. Sowohl in den europäischen als auch in den chinesischen Häfen nahm die Aktivität wieder zu. Auch in den amerikanischen Westküstenhäfen, die wichtig für die Abwicklung des Handels zwischen den USA und China sind, waren im April noch keine auffälligen Effekte auf die Importmengen sichtbar.
Aktuelle Prognosen internationaler Organisationen wie der OECD oder der Weltbank weisen aber darauf hin, dass sich die weltwirtschaftlichen Perspektiven nach den zollpolitisch bedingten Vorzieheffekten im ersten Quartal im weiteren Verlauf wieder merklich abschwächen dürften – unter der Annahme, dass die bis Ende Mai geltenden Zollsätze weiterhin bestehen bleiben. Angesichts der deutlich gestiegenen Handelsbarrieren, der nach wie vor massiven handelspolitischen Unsicherheit sowie einer erhöhten Finanzmarktvolatilität fallen die Wachstumserwartungen für die Weltwirtschaft mit Raten für 2025 und 2026 von unter 3 Prozent aktuell deutlich geringer aus als noch zu Jahresbeginn. Dabei gehen die Abwärtsrevisionen vor allem auf eine erwartete Abschwächung der wirtschaftlichen Dynamik in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften zurück, allen voran in den USA. Während die erhöhte Unsicherheit vor allem die Investitionstätigkeit der Unternehmen bremsen dürfte, gehen von den Zollanhebungen – nach den zunächst beobachteten Vorzieheffekten – im weiteren Verlauf direkte negative Effekte auf den globalen Handel aus. Dementsprechend rechnen sowohl die OECD als auch die Weltbank in ihren Juni-Prognosen mit einer deutlichen Verlangsamung des Welthandelsvolumens mit Zuwachsraten von nur noch rund zwei bis knapp drei Prozent in 2025 und 2026.