Was sind Reallabore?
Reallabore (englisch.: „regulatory sandboxes“) machen es möglich, Innovationen für eine befristete Zeit unter möglichst realen Bedingungen und unter behördlicher Begleitung zu erproben, die im allgemeinen Rechtsrahmen an Grenzen oder auf offene Fragen stoßen. Reallabore bieten als Testräume für Innovation und Regulierung verschiedene Potenziale, die gerade auch für den digitalen und nachhaltigen Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft von Bedeutung sind:
- Reallabore ermöglichen es, schon im frühen Stadium über die Chancen und Risiken einer Innovation zu lernen. Auf Grundlage der im Reallabor gewonnenen Ergebnisse kann der Rechtsrahmen später angepasst werden, etwa um die betreffende Innovation allgemein zuzulassen (regulatorisches Lernen).
- Reallabore erleichtern und beschleunigen den Transfer von Innovationen in die Praxis und leisten einen Beitrag zur schnelleren Skalierung. Nicht nur Technologie- oder Produktinnovationen, sondern auch innovative Prozesse, Dienstleistungen oder Geschäftsmodelle können im Mittelpunkt stehen.
- Reallabore schaffen Freiräume für eine erfolgreiche digitale und nachhaltige Transformation. Gleichzeitig helfen Sie zu lernen, wie wichtige Schutz- und Sicherheitsstandards gewährleistet werden können.
- Reallabore schaffen Raum für Partizipation und stärken damit die gesellschaftliche Akzeptanz für Innovationen.
Mit seinen Schlussfolgerungen zu Reallaboren und Experimentierklauseln hat sich der Rat der Europäischen Union (EU) auf ein entsprechendes Verständnis von Reallaboren geeinigt und deren Potenziale für Innovation und eine zukunftsorientierte Gesetzgebung betont.
In vielen Fällen basieren Reallabore auf Experimentierklauseln, die es der zuständigen Behörde ermöglichen, für die Erprobung kontrollierte Ausnahmen von fachrechtlichen Vorgaben und Verboten zu gestatten.
Das Personenbeförderungsgesetz zeigt, wie eine solche Experimentierklausel aussehen kann.
Experimentierklausel im § 2 Absatz 7 Personenbeförderungsgesetz „Zur praktischen Erprobung neuer Verkehrsarten oder Verkehrsmittel kann die Genehmigungsbehörde auf Antrag im Einzelfall Abweichungen von Vorschriften dieses Gesetzes oder von auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften für die Dauer von höchstens fünf Jahren genehmigen, soweit öffentliche Verkehrsinteressen nicht entgegenstehen.“ |
Auch in anderen Bereichen gibt es solche Experimentierklauseln, zum Beispiel im Bereich Autonomes Fahren oder im Postgesetz. Je mehr Gestaltungsspielräume durch Experimentierklauseln und andere Instrumente geschaffen werden, desto besser sind die Voraussetzungen für die Erprobung innovativer Technologien und Geschäftsmodelle.
In anderen Kontexten wird der Begriff des Reallabors manchmal ebenso für verwandte und sich vielfach überschneidende Erprobungskonzepte genutzt, wie etwa im Kontext der transdisziplinären Forschung, für Testinfrastrukturen, Living Labs oder für Förderprojekte wie etwa das BMWE-Förderformat „Reallabore der Energiewende“.
Freiräume schaffen und Reallabore stärken
Die Geschäftsstelle Reallabore im Bundeswirtschaftsministerium arbeitet kontinuierlich daran, die Erprobung innovativer Ideen zu ermöglichen und die Rahmenbedingungen für Reallabore zu verbessern. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Schaffung rechtlicher Spielräume und eine zügige Anpassung des Rechtsrahmens nach erfolgreichen Reallaboren. Hier zu dienen vor allem neue Experimentierklauseln. Zudem soll das im Entwurf befindliche Reallabore-Gesetz einen übergreifenden innovationsfreundlichen Rahmen für Reallabore schaffen. Das Reallabore-Innovationsportal unterstützt darüber hinaus den Wissenstransfer aus Reallaboren in die Gesetzgebung, damit eine Skalierung erfolgreich erprobter Innovationen zügig gelingt.
Beratung, Information, Vernetzung
Im Zusammenhang mit Reallaboren bestehen oftmals noch Unsicherheiten und Informationsdefizite. Diese müssen durch eine bessere Vernetzung und den aktiven Austausch zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung abgebaut werdenn. In vielen laufenden und geplanten Projekten tauchen immer wieder dieselben Fragen auf: Ist so etwas rechtlich möglich? An wen muss ich mich wenden? Wo finde ich mögliche Projektpartner? Wie steht es um Fragen der Haftung und Versicherung? Wer kann mich unterstützen?
Die Beantwortung dieser Fragen kosten Zeit und Kraft – nicht selten ein Grund dafür, dass innovative und Erfolg versprechende Ideen nicht umgesetzt werden. Daher bietet das Bundeswirtschaftsministerium mit dem Reallabore-Innovationsportal eine zentrale Anlaufstelle zur Beratung, Information und Vernetzung mit dem Ziel, die praktische Nutzung von Reallaboren durch Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung zu fördern. Das Netzwerk Reallabore, dem über 1.000 Mitglieder aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft angehören, wird dabei eng in die Arbeit des Portals eingebunden.
Durch den „Innovationspreis Reallabore“ erhalten erfolgreiche Reallabore mehr Sichtbarkeit. So werden innovative Ideen gewürdigt, es kann aus erfolgreichen Beispielen gelernt werden und es wird deutlich, welch wertvollen Beitrag Reallabore für Innovationen in Deutschland leisten können.
Daneben unterstützt das Bundeswirtschaftsministerium mit einem gezielten Informationsangebot. Das „Handbuch Reallabore“ informiert über die Planung und Ausgestaltung von Reallaboren, über rechtlichen Fragestellungen und zeigt gelungene Beispiele aus der Praxis. Die „Praxishilfe zum Datenschutz in Reallaboren“ zeigt die wichtigsten datenschutzrechtlichen Anforderungen an die Erprobung von Innovationen in Reallaboren auf und gibt Hinweise, wie damit erfolgreich umgegangen werden kann und flexible Instrumente des Datenschutzrechts genutzt werden können.
Fördermöglichkeiten für Ihr Reallabor-Projekt Die Arbeit der Geschäftsstelle Reallabore im Bundeswirtschaftsministerium umfasst keine eigenen finanziellen Förderinstrumente, sondern zielt auf die Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Reallabore ab. Gleichwohl existieren an anderen Stellen vielfältige Fördermöglichkeiten, die zum Teil auch finanzielle Mittel zur Umsetzung von Reallabor-Projekten bereitstellen. Einen zentralen Überblick über das Förderangebot auf Bundes-, Länder- und EU-Ebene liefert die Förderdatenbank des Bundes. Stärker auf Beratung fokussiert sich beispielsweise die Förderberatung "Forschung und Innovation" des Bundes. Zudem gibt es auch eine Förder- und Finanzierungsberatung im Bundeswirtschaftsministerium. Mitarbeitende bieten dort Beratung unter anderem zu aktuellen Förderprogrammen, bei Fragen zu Verfahrenswegen, Anlaufstellen und Konditionen von Förderprogrammen. Darüber hinaus haben die einzelnen Bundesländer eigene Beratungsstellen. Auf Ebene der Europäischen Union können Sie sich über das Funding & Tenders Portal der Europäischen Kommission über die verschiedenen EU-Fördervehikel erkundigen (verfügbar ausschließlich auf Englisch). Informationen und Erläuterungen hierzu finden sich in deutscher Sprache auf dem deutschen Portal für Horizon Europe. Wenn Sie an dem Förderformat „Reallabore der Energiewende“ im 8. Energieforschungsprogramm interessiert sind, finden Sie Informationen auf der Webseite www.energieforschung.de. |